Vergleich und Beschreibung der Evolutionstheorie nach Darwin, Lamarck und anderen

Ziel dieser Seite ist es sowohl eine Übersicht als auch eine Beschreibung der heute bekannten Evolutionstheorien zu liefern (nicht nur Darwin und Lamarck, auch Cuvier und andere). Dabei werden die Inhalte weitestgehend dargelegt und für weiterführende Details auf entsprechende Quellen verwiesen.


  1. Theorie nach Darwin
  2. Theorie nach Lamarck
  3. Synthetische Evolutionstheorie
  4. Theorie der bewussten Evolution
  5. Theorie der neutralen Mutationen
  6. Kataklysmentheorie nach Cuvier


Evolutionstheorie nach Darwin

Die Lebewesen, welche am besten an die Lebensbedingungen angepasst sind setzen sich durch; die Evolution erfolgt durch eine Aneinanderreihung vorteilhafter Abänderungen, welche durch natürliche Auslese selektiert werden

Es scheint gerechtfertigt die Darwinsche Evolutionstheorie als erstes zu beschreiben. Diese Darstellung stützt sich in erster Linie auf Darwins Originaltext der "Entstehung der Arten" (eine online-einsehbare Übersetzung findet man z.b. hier [1]).

Hauptziel Darwins war es seinerzeit darzustellen, dass überhaupt eine Evolution existierte bzw. immer noch existiert. Er argumentiert anfänglich mit der Analogie zur Züchtung, später mit Organ- bzw. Verhaltensrudimenten, der vorhandenen Analogien zwischen Lebewesen, mit der Tatsache, dass Ausprägungen von Merkmalen variieren und vererbt werden, letztlich auch mit fossilen Funden. Letzteres bereitete Darwin jedoch eher Schwierigkeiten, denn er widmete ein ganzes Kapitel der Tatsache bzw. dem für ihn problematischen Umstand, dass nicht alle Übergangsformen von Lebewesen, die es ja dann hätte geben müssen, mit fossilen Funden nachgewiesen werden können (siehe Kapitel 9 in [1]).

Das von ihm eingeführten Prinzip des "Kampfs ums Dasein" wird in seinem Werk nicht streng begründet, es wird eher als plausibel angenommen (wer überlebt der überlebt). Im folgenden werden Darwins Grundannahmen, so wie sie in "Entstehung der Arten" zu finden sind, dargelegt:

  1. die Lebewesen wurden nicht durch einen Akt Gottes geschaffen
  2. es fand eine Evolution statt
  3. Evolution erfolgt im ersten Schritt durch eine Ausbildung von Abänderungen
  4. diese Abänderungen können vererbt werden und
  5. nur die vorteilhaftesten Abänderungen überleben im Kampf ums Dasein

Es scheint gerechtfertigt im Anschluss hierzu aufzuzählen, was nicht Inhalt Darwins Werke war:

  1. Abänderungen erfolgen durch Mutationen
  2. Hierzu ist festzustellen, dass sich der Begriff der Mutation auf Inhalte der heutigen Genetik bezieht, welche zu Darwins Zeiten selbstverständlich nicht bekannt waren
  3. Abänderungen erfolgen zufällig
  4. In Darwins Originalarbeit kommt in deutscher Übersetzung das Wort "Abänderungen" etwa 170 mal vor, jedoch lediglich zwei mal im Kontext von "zufälligen Abänderungen", davon einmal als "scheinbar zufälligen Abänderungen". Tatsächlich konnte Darwin den Mechanismus dieser Abänderungen nicht konkret angeben, bis auf eine Ausnahme, (siehe 3.), daher auch nicht sagen, ob dieser zufällig ist oder nicht
  5. Darwin widerspricht Lamarck
  6. Hierzu ist nüchtern festzustellen, dass Darwin viele Beispiele angibt, bei denen der wiederholte "Gebrauch und nicht-Gebrauch von Theilen" zu Abänderungen führt (Dickkopfente, Tukutuku usw.)
  7. Nicht Darwin führte das Prinzip der natürlichen Selektion ein, sondern Wallace
  8. Darwin folgend ("Entstehung der Arten", Seite 1) gehen die ersten Äußerungen zur natürlichen Selektion bereits auf Aristoteles zurück.

Für die heute angenommene Synthetische Evolutionstheorie treffen diese Punkte teilweise jedoch zu.



Evolutionstheorie nach Lamarck

Lebewesen erfahren Abänderungen durch den stetigen Gebrauch bzw. nicht-Gebrauch von Körperteilen, welcher wiederum auf veränderte Umweltbedingungen zurückzuführen ist; diese Abänderungen werden vererbt

Lamarck ging nicht von einem Prinzip der Selektion aus, sondern postulierte lediglich folgende zwei Annahmen:

  1. Abänderungen von Organen oder Körperteilen erfolgen durch stetigen Gebrauch bzw. nicht-Gebrauch: die Benutzung von Körperteilen bildet diese aus, die Vernachlässigung derselben lässt diese verkümmern
  2. diese Abänderungen werden vererbt [2]
So gerechtfertigt es ist die Darwinsche und Lamarcksche Theorie als unterschiedliche Evolutionstheorien darzustellen, so muss man streng genommen darauf hinweisen, dass sich beide Theorien prinzipiell nicht widersprechen. In Lamarcks Theorie fehlt zwar der von Darwin postulierte Mechanismus der natürlichen Auslese, könnte jedoch widerspruchsfrei eingebaut werden. Im Gegenzug enthält die Darwinsche Theorie sehr wohl den Lamarckschen Mechanismus der organischen Abänderungen und deren Vererbung (vergleiche 3. und 4. bei Darwin mit 1. und 2. hier). Der Widerspruch bezieht sich eher auf das Verhältnis zwischen der Lamarckschen Theorie und der heute angenommenen Synthetischen Evolutionstheorie, welche zuweilen etwas unvorsichtig als Darwins Theorie bezeichnet wird.

Lamarck ordnete die Lebewesen in Klassen ein, welche sich innerhalb dieser "transformieren". Von einem gemeinsamen Vorfahren aller Lebewesen sprach er nicht.

Die Rezeption seiner Theorie durchlief über die Jahrhunderte unterschiedliche Stadien. War zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Wirkung der Gewohnheit als Treiber evolutionsbiologischer Änderungen allgemein anerkannt, wurde es im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts durch das Aufkommen der Darwinschen Theorie immer mehr angezweifelt, wobei es jedoch wiederkehrende Hochzeiten des Lamarckschen Prinzips gab. Zuletzt sorgte das Aufkommen der sogenannten Epigenetik für ein erneutes Aufleben des Lamarckschen Gedankens.



Synthetische Evolutionstheorie

In der Synthetischen Evolutionstheorie werden Erkenntnisse der heutigen Genetik mit einigen Postulaten von Darwins Theorie vereint.

Wird von der "heute allgemein anerkannten" Evolutionstheorie gesprochen, so ist die Synthetische Evolutionstheorie gemeint. Sie vereint Elemente von Darwins Theorie mit Begriffen aus der heutigen Genetik. Es besteht leider eine grosse Schwierigkeit dahingehend, dass die Darstellungen dieser Theorie in den Quellen nicht einheitlich ist. Der Grund hierfür mag wiederum der Tatsache geschuldet sein, dass diese Theorie nicht auf einen einzelnen Autor zurückgeführt werden kann, sondern im Laufe des 20. Jahrhunderts quasi zusammengetragen wurde. Im Folgenden findet sich daher ein Versuch der Darstellung der Postulate dieser Theorie als repräsentativen Querschnitt:

  1. Sämtliche Informationen über den Aufbau und das Verhalten von Lebewesen ist im sogenannten genetischen Code hinterlegt. Abänderungen von Organen, Körperteilen oder Verhaltensweisen entsprechen stets einer Änderung dieses genetischen Codes. Er ist hinterlegt in einem Makromolekül, der sogenannten DNA (oder deutsch DNS, Desoxyribonukleinsäurle). Diese befindet sich im Zellkern einer jeden tierischen oder pflanzlichen Zelle.
  2. Abänderungen dieses Moleküs erfolgen zufällig. Die Änderungen erflogen durch unterschiedliche Mechanismen (Rekombination, spontane Mutation, strahlungsinduzierte Mutation usw.). Da sie zufällig sind, sind sie insbesondere nicht (in irgendwelche Richtung) gerichtet
  3. Es gilt das Darwinsche "Kampf ums Dasein"-Prinzip. Lebewesen mit vorteilhaften genetischen Änderungen setzen mehr Nachkommen in die Welt als die übrigen Artgenossen; Individuen mit weniger vorteilhaften Eigenschaften sterben aus.
  4. Für die Weiterreichung dieser Informationen an die Nachfolgegenerationen gelten die Mendelschen Regeln [3].
  5. Oft wird noch der sogenannte Gradualismus als Postulat angegeben, der besagt, dass Evolution nicht in Sprüngen verläuft.

Diesen Postulaten folgend wird der Widerspruch zur Lamarckschen Theorie evident: Änderungen erfolgen passiv, d.h. über Mechanismen welche durch Verhaltensweisen der Lebewesen selbst nicht beeinflusst werden können. Somit steht sie streng genommen auch im Widerspruch zu Darwins Aussagen, auch wenn diese Theorie heute als "Darwinsch" bezeichnet wird. Problematisch ist auch das Verhältnis zur sogenannten Neutralen Theorie der (molekularen) Evolution (siehe unten ).

Es gibt viel Literatur zu diesem Thema, als etwas unstrukturierten Einstig könnte der Wikipedia-Artikel [4] mit den dortigen Referenzen dienen.



Theorie der Bewussten Evolution

Neue Verhaltensweisen entstehen durch bewusste Entscheidungen; diese werden im Laufe der Evolution unbewusst und schließlich vererbt; im weiteren Verlauf bewirken unbewusste Verhaltensweisen körperliche Veränderungen

Diese in jüngster Zeit aufgekommene Theorie entstand als Nebenprodukt einer Theorie der Entstehung des menschlichen Humors und des aufrechten Ganges. Es kann argumentativ dargelegt werden, dass unsere Vorfahren sich gegenseitig auf einen unbemerkten Rückfall in eine vierfüßige Fortbewegungsweise aufmerksam machten. Demnach kann gefolgert werden, dass der aufrechte Gang eine bewusste Entscheidung unserer Vorfahren war. Da der aufrechte Gang heute unbewusst vollführt wird folgt, dass bewusste Handlungen von einst unbewusste Handlungen von heute sind. Da sich unsere Anatomie an den aufrechten Gang angepasst hat folgt schließlich die Anpassung körperlicher Eigenschaften an das Verhalten.

Es ist anzumerken, dass sich diese Theorie im Einklang mit den Ausführungen Darwins und Lamarcks befindet, nicht jedoch mit den Inhalten der Synthetischen Evolutionstheorie. Natürliche Selektion wird in dieser Theorie als Rahmenbedingung dargelegt, nicht als treibende Kraft. Gingen Darwin und Lamarck von einer Wirkung der Gewohnheit auf die Abänderung von Körperteilen aus, so geht die Theorie der bewussten Evolution einen Schritt zurück und erklärt, wie es zur Ausbildung einer Gewohnheit kommt, nämlich, dass diese stets durch eine bewusste Entscheidung eingeleitet wird.

Innerhalb dieser Theorie folgen weitreichende Aussagen zur Natur des Bewusstseins, insbesondere lässt sich Freuds Modell der Psyche daraus ableiten. Es wird weiter dargelegt, dass die Struktur aller menschlichen Triebe gleich ist. Auch kann der Mechanismus der Evolution anhand heute stattfindender Prozesse der gesellschaftlichen Entwicklung festgemacht werden, was bei anderen Theorien kaum möglich ist (was oft zu der Aussage führte, dass Evolution -- zumindest beim Menschen -- heute nicht mehr stattfindet).

Eine ausführliche Darstellung der Herleitung dieser Theorie sowie der Zusammenhang zum menschlichen Humor findet sich in [5].



Theorie der neutralen Mutationen

Der überwiegende Teil aller Mutationen der DNA verhält sich neutral bezüglich natürlicher Auslese

Mehr eine Randnotiz als eine eingenständige Theorie ist die Aussage, dass der allergrösste Teil der Mutationen unseres Erbguts keinen Einfluss auf natürliche Auslese haben. Würde sich dies bewahrheiten, wäre es sehr schwer die Synthetische Theorie der Evolution aufrechtzuerhalten. Dementsprechend wurde bzw. wird diese These sehr kontrovers diskutiert. ([6]).


Kataklysmentheorie bzw. Katastrophentheorie nach Cuvier

Sowohl die Entstehung neuer Arten als auch das Aussterben von Arten geschieht aufgrund von globalen Katastrophen

Hintergrund dieser Hypothese ist der auch bei Darwin beschriebene Umstand, dass die "geologische Aufzeichnung" unvollständig ist (siehe dort), nicht alle denkbaren Zwischenformen der Evolution sind fossilen Funden zuzuordnen. Vielmehr scheint es Epochen gegeben zu haben, in denen ein grosser Teil fossil konserviert wurde und solche, in denen nichts oder nur sehr wenig geologisch aufgezeichnet wurde.

Darwin führte das auf unterschiedliche geologische Prozesse zurück, wie z.B. das Heben und Senken von geologischen Formationen und nur bei manchen Gelegenheiten, so Darwin, kommt es zu fossiler Konservierung. Cuvier argumentierte anders. Geht man von einer Vollständigkeit der geologischen Aufzeichnung aus, so folgt daraus, dass neue Arten nicht kontinuierlich entstehen, sondern sprunghaft und nur zu bestimmten "Anlässen". Genauso verält es sich mit dem Aussterben von Arten. Diese Anlässe, so Cuvier, können nur sehr schwerwiegende Ereignisse globalen Ausmasses sein (Cuvier ging seinerzeit von Überschwemmungen aus -- in moderner Interpratation ist auch von beispielsweise Meteoriteneinschlägen die Rede). Daher wird sie auch Katastrophentheorie genannt. Details zu den Mechanismen der Entstehung von Arten liefert diese Theorie nicht. Insbesondere lehnte Cuvier eine stetige biologische Entwicklung ab, somit verdient diese Theorie kaum die Bezeichnung Evolutionstheorie [7].